On and off


Der National Christmas Tree steht jedes Jahr an der großen, grasbewachsenen Freifläche hinter dem Weißen Haus. Wenn man von der Pennsylvania Avenue Richtung National Mall unterwegs ist, kommt man beinahe zwangsläufig daran vorbei. Zu Beginn der Weihnachtszeit wird das mächtige Gewächs dekoriert und die Beleuchtung vom jeweiligen Präsidenten feierlich eingeschaltet, das Ganze wird sogar im Fernsehen übertragen. Rund herum stehen 50 kleinere Bäume, einer für jeden Bundesstaat, geschmückt mit Ornamenten, die von Schulkindern gefertigt wurden. Man kann also sagen, dass es sich beim Ritual rund um den Weihnachtsbaum um eines mit Symbolkraft handelt; eine Zeit der Friedfertigkeit beginnt, die Nation kommt zusammen, man hält inne.

In Trump-Zeitalter ist das nicht mehr so. Im Trump-Zeitalter verweigert der Präsident die Unterschrift unter eine Anhebung der Schuldenobergrenze, sofern der Kongress nicht 5 Milliarden Dollar für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko bewilligt, die angeblich Drogen, Schmuggelware und Illegale aus dem Land halten soll und die der Präsident seinen Wählern versprochen hat. Weil es für einen solchen Plan, dessen Praktikabilität ziemlich fragwürdig ist, aber im Kongress keine Mehrheit gibt, hatte Trump schon Tage zuvor frohlockt, dann würde er gern einen Shutdown verursachen, bis die Abgeordneten zu Sinnen kommen. Das taten sie aber nicht. Sie verhandelten ein bisschen und weil Trump keinen Millimeter von seinen Mauerplänen abrückte, gingen sie irgendwann in den Weihnachtsurlaub, ohne dass die USA neue Schulden aufnehmen durften.

Damit fehlt vielen Behörden und Einrichtungen nun das Geld, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten. Das betrifft auch den National Park Service und damit auch den National Christmas Tree. Dessen Lichter gingen aus und es war nicht schwer, darin eine Symbolik zu entdecken, die bisher noch nie zum Weihnachtsbaum gehört hatte.


Doch wenn man das tut, dann muss man die Geschichte noch weiter erzählen, denn es gibt noch ein Kapitel, das ebenfalls Symbolkraft hat. Denn, tief gespaltenes Land hin oder her, die Amerikaner packen gerne an, wenn es um die Gemeinschaft geht. Private Spender entschlossen sich, das ausbleibende staatliche Geld zu ersetzen und selbst dafür zu sorgen, dass der Baum wieder leuchtet. Pünktlich am 24.12. gingen die Lichter wieder an. Ihre Strahlkraft ist bis zum Ende des Jahres gesichert. Was danach kommt, kann man heute noch nicht wissen.

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